Gemeinde

Die Großgemeinde Grävenwiesbach besteht seit der Gebietsreform mit der Gründung des Hochtaunuskreises, dem 01. Januar 1972. Vorher gehörten die sechs selbstständigen Ortsteile zum Kreis Usingen.

Aktuelle Informationen und Daten über die Gemeinde Grävenwiesbach entnehmen Sie bitte deren Internetseite (siehe Links).

Zum Kirchspiel der evangelischen Kirche Grävenwiesbach gehört immer noch Hasselborn, das heute der Verwaltung der Gemeinde Waldsolms im Lahn-Dill-Kreis zugeordnet ist.

Die Ortsteile haben schon seit langer Zeit eine gemeinsame Geschichte. Sie sind mit Grävenwiesbach als Mittelpunkt in kirchlicher und früher in gerichtlicher Hinsicht verbunden. Die Ereignisse sollen hier zusammengefasst dargestellt werden. Weitere ausführliche Informationen entnehmen Sie bitte den Büchern (siehe Literatur), aus denen auch alle Ortsteilbeschreibungen entnommen sind.

Bildkarte aus der Zeit um 1590.
Die „Limburger-Straße in die Wetterau“ führte auch an der Gerichtsstätte am Pinnköppel vorbei. Original: HHStA Abt. 135 Eschbach Nr. 9

 


Das Taunusgebirge dürfte in seinen Talauen erst vor zweieinhalbtausend Jahren besiedelt worden sein. Unsere Landschaft lag außerhalb des römischen Einflussbereiches, der am Limes endete. Verschiedene Funde von Gegenständen sowie Hügel- und Urnengräber aus unterschiedlichen Zeiträumen deuten auf die Siedlung verschiedener Volksstämme, wie Kelten und Chatten in unserer Gegend hin.

Im fränkischen Reich hatte man eine Grafschaftsverfassung eingeführt, bei der ein Gaugraf die vollziehende Gewalt in seinem Gau innehatte. Unsere Heimat lag an der Grenze vom Gau-Wetterau und dem Niederlahngau. Über die Zugehörigkeit gibt es in den Literaturquellen unterschiedliche Angaben. Vielleicht hatte sich diese auch im Laufe der Zeit geändert.

Mit großer Sicherheit ist anzunehmen, dass die Diezer Grafen als Königslehen die Hälfte Grävenwiesbachs erhielten, während die andere Hälfte den Besitzern der Herrschaft Cleeberg gehörte. Die Grafen von Diez, die sich bald nach ihrer neuen Burg zu Weilnau „von Weilnau“ nannten, waren wohl nach den deutschen Königen die zweiten Besitzer Grävenwiesbachs.

Noch aus germanischen Zeiten stammt die Einrichtung sogenannter „Waldmarken“. Dies war gemeinsamer Waldbesitz mehrerer Ortschaften. In unserem Falle gab es zwei Waldmarken: Die Hundstädter und die Grävenwiesbacher. Da aber beide sehr eng miteinander verzahnt sind, kann man mit Gewissheit auf eine ältere Einheit schließen. Zur Grävenwiesbacher Waldmark gehörten bis zur Aufteilung gegen Ende des 18. Jahrhunderts Grävenwiesbach selbst, Mönstadt, halb Naunstadt und Hasselborn. Die andere Waldmark ist die Hundstädter, die auch manchmal Eschbacher Mark genannt wurde. Sie umfasste die Dörfer Eschbach, Michelbach, Hundstadt, halb Naunstadt, Heinzenberg, halb Laubach und halb Gemünden. Es ist auch anzunehmen, dass der ausgegangene Ort Pardebach (zwischen Hundstadt und Eschbach am Oberlauf des Wiesbaches) und Hunengesesse (an dessen Stelle liegt heute Wilhelmsdorf) an dieser Mark Anteile hatten.

Grävenwiesbach war der Gerichtsort für alle diese Dörfer. Das Grävenwiesbacher Gericht, besetzt mit einem Schultheißen und Schöffen, war für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig; hier wurden Käufe und Verkäufe protokolliert, Streitigkeiten geschlichtet, Testamente aufgesetzt und andere Rechtsgeschäfte niedergeschrieben. Leider ist uns von den Gerichtsbüchern im Gerichtssitz im Wiesbachtal nur ein einziges erhalten.

Im Volksmund spricht man heute – wie vor Hunderten von Jahren – vom „Kirchspiel“. Nur Grävenwiesbach hatte und hat eine Kirche. Die Bewohner der „Ausdörfer“ gingen zum Gottesdienst nach „Wiesbach“, ließen hier ihre Kinder taufen, heirateten in der Pfarrkirche und wurden auf dem „Kirchhof“ begraben. Außer den heutigen Kirchspielorten gehörten auch Eschbach und die Wüstungen Pardebach, Michelbach, Hunengesesse und Finkenhain zur Pfarrkirche. Auch Gemünden auf der nassauischen Seite (nördlich des Laubaches) pfarrte nach Grävenwiesbach, wie aus einer Aufzeichnung des Jahres 1609 hervorgeht.

Am 01. November 1326 erwarben die Grafen von Nassau-Weilburg, durch einen Strohmann, den Probst Siegfried von Runkel im Stift Gemünden im Westerwald, die Herrschaft Neuweilnau pfandweise für 12000 Gulden. Zu dieser Herrschaft gehörten außer Burg und Stadt Neuweilnau die Dörfer Möttau, Altenkirchen, Rod an der Weil, Usingen und Wisinpach. Diese Pfandschaft wurde 1405 in einen Erbkauf umgewandelt, sodass man das Jahr 1326 als Anfang der nassauischen Hoheit über das Kirchspiel ansetzen kann, die bis zum Jahre 1866 dauerte.

Das Jahr 1527 brachte den großen Umschwung in religiöser Hinsicht für das Usinger Land und damit auch für unser Kirchspiel. Der damals regierende Graf Philipp der III. von Nassau-Weilburg schloss sich, infolge der Reformation, der lutherischen Lehre an.

Das Usinger Land ist im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges an fremde Herren gekommen, Kaiserliche besetzten es und die Grafen von Nassau-Hadamar, die katholisch waren, übten die Landesherrschaft aus, während die angestammte Grafenfamilie von Nassau-Saarbrücken, vorher Nassau-Weilburg, ihre Lande verloren hatten, weil sie sich auf die schwedische Seite geschlagen hatte. Sie mussten flüchten und lebten bis zum Ende des Krieges in Metz von Unterhaltszahlungen des französischen Königshauses. Man scheint froh gewesen zu sein, als endlich nach dem Friedensschluss von Münster und Osnabrück am 24. Oktober 1648 die rechten Landesherrn zurückgekehrt waren. Das Usinger Land verlor insgesammt etwa drei Viertel seiner Einwohner in den dreißig Jahren des Krieges. In unserem Kirchspiel scheinen die Verluste noch größer gewesen zu sein.

Das Herzogtum Nassau entstand 1806, wurde in 28 Ämter eingeteilt, von denen eines das Amt Usingen war, zu dem Grävenwiesbach gehörte. Schon 1803 war die religiöse Gleichberechtigung geschaffen worden, 1808 hob man die Leibeigenschaft auf und schließlich schuf man das neue Herzogtum 1817 mit der Nassauischen Union.

Auch die Wellen der Revolution von 1848 hatten sich im Hintertaunus bemerkbar gemacht. Es wurden alle von der Herzoglichen Verwaltung eingesetzten Schultheiße ihres Amtes enthoben und durch vom Volk gewählte Bürgermeister ersetzt.

Grävenwiesbach und die heutigen Ortsteile auf einer Karte aus dem Jahr 1868. Original: HGV Grävenwiesbach

 

Mitte des 19. Jahrhunderts begann man mit der Gründung verschiedener Vereine, die teilweise noch bis in die heutige Zeit bestehen.

1909 wurde die Eisenbahnstrecke von Usingen nach Weilmünster eröffnet. Hiermit erhielt unsere Gemeinde mit den Bahnhöfen Grävenwiesbach, Heinzenberg und Hundstadt den Anschluss an das Schienennetz. Dieses wurde 1912 mit der Eröffnung der Strecke von Grävenwiesbach nach Wetzlar noch erweitert.

Der 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918 führte zu Hunger und Not in der Bevölkerung. Alle wehrfähigen Männer standen an der Front, landwirtschaftliche Arbeiten wurden von Frauen, Kindern und den älteren Familienmitgliedern getätigt. Die letzten Ersparnisse der Bevölkerung wurden als Kriegsanleihe gezeichnet und niemals zurück gezahlt.

Nach dem Krieg kam es zur Inflation, das Geld verlor seinen Wert und die Bevölkerung ihren letzten „Notgroschen.“ Die Wirtschaftkrise der folgenden Jahre führte die Bevölkerung in die Hände der Nationalsozialisten.

1939 begann der 2. Weltkrieg und brachte, wie überall, wieder großes Leid in die Gemeinde. Viele, meist noch junge Männer, verloren ihr Leben in der Fremde. An Ostern 1945 endete das Kriegsgeschehen mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen in unserer Gemeinde.

In der Nachkriegszeit kamen viele Heimatvertriebene, vor allem aus dem Sudetenland und Oberschlesien, in unsere Dörfer. Es wurden kleinere Handwerks- und Industriebetriebe gegründet. Die einstigen Bauerndörfer entwickelten sich vorwiegend zu Wohngemeinden der Arbeiter und Angestellten in den umliegenden größeren Städten.

Der Landkreis Usingen um 1900, dargestellt auf einer Ansichtskarte.

(Ansichtskarte, Sammlung U.Erle)